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Samstag 16. September 2000


Gegen 7 Uhr sitze ich wieder auf dem Bock, rauf auf die I 81, „Westward ho!“. Kurz vor Knoxville wird sie zur I 40, die dann erst wieder, 5000 km weiter, kurz vor Los Angeles in der I 15 endet.
Im Westteil der USA ersetzt diese Straße die legendäre Route 66.
Links der Autobahn verlaufen sich langsam die Bergrücken der südlichen Appalachen.
Die Landschaft wird zusehends flacher und uninteressanter. Dafür wird für mich dieser Streckenabschnitt zum unterhaltsamsten der ganzen Tour.

Interstate 40

Nach einer Tankpause biege ich wieder auf die Bahn ein und ein texanischer Bilderbuch-Truck, donnert an mir vorbei. Ein schwarzer Peterbilt- Sattelzug, mit Chrom wo nur möglich und riesiger Airbrush-Bemalung auf den Seiten, kein Ver- gleich mit unseren langweiligen Nutzfahrzeugen. Den will ich mir näher betrachten.
Ich muss schon etwas am Gasgriff drehen um aufzurücken, der Kamerad braust mit ca. 140 km/h über den Highway.
Auf Höhe der Zugmaschine signalisiere ich dem Fahrer mit gehobenem Daumen meine Anerken- nung für seinen Truck.

Der lässig auf seinem Sitz lümmelnde, bärtige Typ mit Cowboyhut und Fransenlederjacke macht das Klischee perfekt.
Er grinst zu mir herunter, winkt mir zu und greift dann nach oben zur Reißleine für die ca. 1,5 m langen Drucklufthörner auf dem Dach.
Als ich auf das Gebrüll eines anlegenden Ozean- riesen mit meiner geradezu jämmerlich quie- kenden BMW-Hupe antworte, wird sein Grinsen noch breiter.
Ab jetzt sind wir Freunde für die nächsten 350 km.


An den mittlerweile nur noch leichten Steigungen überhole ich ihn meist, aber auf den Gefälle- abschnitten läßt er seinem Truck freien Lauf und zieht wieder vorbei.
Zweimal drosselt er „freiwillig“ sein Tempo auf ca. 100 km/h, mir ist schon klar warum und bleibe brav dahinter.
Das amerikanische Funkwarnsystem unter den Truckern arbeitet absolut perfekt.
Aber kaum außer Sichtweite der lauernden Cops

zeigt der Caterpillar-Diesel wieder durch zwei schwarz aufsteigende Rauchsäulen an, was in ihm steckt.
Nach knapp drei Stunden beendet mein zur Neige gehender Spritvorrat leider das Spiel- chen.
Bei der Abfahrt zum Rasthof verabschieden wir uns, ich mit Winken und er sich hinter mir mit einer gehörigen Portion Druckluft in die Hörner.


Inzwischen bin ich kurz vor der Country- Hochburg Nashville, wo heute irgendein Spiel von „Tigers“ gegen „Alligators“ stattfinden muss. Die Anzahl der beflaggten und bewimpelten Fan- Fahrzeuge steigt zusehends.
Ab jetzt beginnt der Landstrich Amerikas, den ich mal als „Biker’s Nightmare“ bezeichnen möchte. Flachland so weit das Auge reicht und die I 40 zieht sich so auf diese Weise etwa die nächsten 2500 km bis Mitte New Mexico schnurgeradeaus entlang. Diese Strecke muss man handhaben wie eine Haftstrafe: einfach absitzen.

Tankstopp

Am späten Nachmittag erreiche ich Memphis.
Um ein bißchen was von „Elvis-Town“ zu sehen, verlasse ich die Autobahn und fahre parallel dazu durch die Stadt. War ein bißchen zu früh, denn nach ein paar hundert Metern werden die Straßen immer dreckiger, der Verkehr spärlicher, die „Häuser“ eher zu Wellblechhütten und die Gestalten im wahrsten Sinne des Wortes immer dunkler. Ich komme mir vor wie der berühmte bunte Hund und kann nicht gerade behaupten, daß ich mich die zwei bis drei Kilometer durch dieses schwarze Elendsviertel besonders wohl gefühlt habe.

Hier hat mit Sicherheit fast jeder eine Schuß- waffe und die Hemmschwelle zum Einsatz der- selben dürfte sehr niedrig liegen.
Also bloß nichts provozieren und bei der nächs- ten Möglichkeit nichts wie raus hier.
Wieder auf der Bahn, vorbei an „Downtown“, überquere ich den Mississippi.
In West Memphis finde ich ein nettes Motel, lade mein Bike ab und fahre zurück zum Stadtkern nach Memphis. Kurzer Pflichtabstecher nach Süden zur Elvis-Villa „Graceland“, kleine gemüt- liche Stadtrundfahrt und anschließend Abend- essen in einer Straßenkneipe.


Habe heute eine Stunde mehr Zeit. Irgendwo hinter Knoxville  hatte ich die Grenzlinie zwi- schen Eastern- und Central-Time überschritten.
Wieder im Motel in West Memphis, liegt bereits in Arkansas, gibt’s auf der Bude noch ein bis zwei Feierabendbierchen aus meiner Kühlbox, dann liege ich kurz darauf in der Falle.
Nach knapp 1100 km, fast nur durch Tenneessssseeeeeeee, reicht’s mir für heute.

Graceland
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