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Freitag 6. Oktober 2000


Bin heute schon wieder sehr früh auf den Bei- nen, aber kein Problem, ich habe ja gestern durch den Wechsel von Central Time auf Moun- tain Time wieder eine Stunde dazu gewonnen.
Das gestrige Abendessen ist etwas knapp aus- gefallen, deshalb stehe ich kurz vor halb sieben in der Motel-Lobby an der kleinen SB-Theke und frühstücke. Eigentlich nur erwähnenswert, weil ich sonst um diese Tageszeit keinen Bissen herunterbringe.Es gibt Donuts und ein nur mit viel Zucker genießbares warmes, braunes Was- ser mit der Bezeichnung „Coffee“ auf der Kanne.

Route 66

Flagstaff liegt 2100m hoch und draußen ist es rattenkalt, minus zwei Grad zeigt mein Thermo- meter.
Mein Moped muss ich erst mal vom Raureif befreien.

Warm anziehen, Heizgriffe einschalten und hoffen, dass die aufgehende Sonne die Tempe- ratur möglichst schnell nach oben treibt. Sie tut es zum Glück sehr bald und so fresse ich weitere 150 km auf der I 40.


In Seligman biege ich auf die alte Route 66 ab.
Das Stück von hier bis zur kalifornischen Grenze ist eines der wenigen, das nicht von der Inter- state überbaut wurde. Auf dem hier nördlich der Autobahn verlaufenden Abschnitt „lebt“ diese Straße noch.
Um allerdings die legendäre Route 66 richtig genießen zu können, müsste ich wesentlich mehr Zeit dafür einplanen.

Hackberry

Halb verfallene und auch liebevoll restaurierte Häuser mit ihren meist kauzigen Bewohnern, sowie viele weitere kleine Details prägen den morbiden Charme dieser historischen Strecke.Bei meinem „gemütlichen Schnelldurchlauf“ kriege ich von alledem nur die auffälligsten Sehenswürdigkeiten mit.
Eine davon ist der Hackberry General Store mit Tankstelle aus den 50er Jahren. Schon allein wegen der davor gepar-kten Oldtimer halte ich kurz an. 

Hackberry

Nach gut zwei Stunden Fahrt durch diesen schönen, einem „lebenden Freilichtmuseum“ gleichenden Abschnitt der Route 66, treffe ich in Kingman wieder auf die öde Interstate 40.
Ich lasse sie buchstäblich links liegen und fahre weiter Richtung Südwesten die alte Trasse hinauf zum etwa 1100 m hohen Sitegraves Pass.
Schier unvorstellbar, dass sich vor wenigen Jahr- zehnten noch der gesamte Verkehr von und nach Kalifornien hier auf diesem schmalen Sträßchen durch die Berge gequält haben soll.

Sitegraves Pass

Auf der Westseite, am Fuß des Passes, liegt Oatman. In diesem urigen Ort hat man das Gefühl, dass die Zeit stehen geblieben ist. Auffälligstes Merkmal sind die vielen, auf den Straßen frei herumlaufenden Esel (über- wiegend vierbeinig) sowie die Bretterbuden und Blockhäuser im originalen Wild-West- Design.
Nach weiteren 50 km durch fast vegetationslose Wüste überquere ich bei Needles den Colorado River, hier die natürliche Grenze zu meinem letzten zu bereisenden Bundesstaat.

Oatman

Beim Schild „Welcome to California“ kommt eine „Jetzt-bin-ich-gleich-da“ Freude in mir hoch, ob- wohl ich noch immer über 600 km vor mir habe. Alles ist relativ! Man gewöhnt sich mit der Zeit einfach an die großen Entfernungen.
Fotostopp und die Uhr für die Pacific-Time-Zone eine weitere Stunde zurückgestellt. Ich bin somit in MINUS 59 Minuten über die Brücke gerollt.
Die Sonne brennt inzwischen kräftig herunter und deswegen wandern jetzt einige der heute Morgen noch notwendigen „Schutzschichten“ in die Koffer. Bis zu 38°C zeigt das Thermometer auf der langweiligen Fahrt durch die Mojave- Wüste.

Colorado River

Etwa zweieinhalb Stunden später fange ich an, die vorhin abgelegten Klamotten wieder anzu- ziehen. Die Temperatur ist auf ca. 15°C gefallen und schwarze Wolken hängen über mir. Kurz darauf fängt es dann zu nieseln an. Hey Albert Hammond, wie war das mit „Seems it never rains in Southern California“? Wie gesagt: „it seems“!
Meinen ursprünglichen Plan durch die San Bernadino Mountains zu fahren verwerfe ich aufgrund der Straßenverhältnisse blitzschnell.

Von einem Pickup-Fahrer kriege ich an einer Autobahnausfahrt unfreiwillig demonstriert, dass die eingestaubten Straßen bei einsetzendem Regen einen Grip zwischen Schmierseife und Glatteis bekommen haben.
Der Ausflug ins Gelände war für das Auto eher harmlos, der Fahrer hat nach dem Wechseln seiner Unterhose die Fahrt mit Sicherheit fortsetzen können.


Da ich nicht die geringste Lust habe, mich am Freitag Nachmittag, noch dazu bei diesem Sau- wetter, durch Los Angeles zu quälen, mein Ziel liegt sowieso etwa 100 km nordwestlich davon, umfahre ich diesen Moloch im Norden.
Von Victorville über die 18, 14, 126 und 23 bis Thousand Oaks. Von dort aus sind es nur noch ein paar Minuten auf der 101, dann stehe ich in Newbury Park bei Torsten und Annette, zwar leicht angefeuchtet, aber wohlbehalten vor der Tür.
Auf meinem Weg von der East Coast zur West Coast, quer durch den ganzen amerikanischen Kontinent, habe ich in nur 5 Tagen mehr als 5500 km zurückgelegt.
Inklusive meiner Fahrten zur „Arbeit“ in Ardmore, Oklahoma, war ich bis hierher über 7000 km im Sattel gesessen.

durch die Mojave
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