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Freitag  1. Juni 2007

Nishneudinsk - Kansk - Krasnojarsk


von

nach

Dauer h

Fahrt h

Stand h

km

Ø km/h

Ø in Fahrt

Nishneudinsk

Krasnojarsk

10,9

7,7

3,2

561

51

73


Mangels Frühstück versorgen wir uns im Laden gegenüber  mit Schokolade, Keksen und Geträn- ken und verlassen kurz nach zehn Uhr Nishne- udinsk.
Unser heutiges Ziel ist Krasnojarsk.
Der Straßenzustand hat sich gegenüber gestern nur soweit geändert, dass einige Strecken jetzt abgetrocknet sind und es somit ordentlich staubt. Ansonsten wie gehabt von katastrophaler Gelän- depiste über Schlagloch durchsetzte Teer- strecken bis hin zur Super-Asphalt-Autobahn, alles schön bunt durcheinander gemischt.

Ortsausgang von Nishneudinsk

Ab und zu sieht man ein paar Leutchen an den maroden Streckenabschnitten bauen. Scheint allerdings nicht sehr von Erfolg gekrönt zu sein. Die mit Bulldozern oder Grädern glatt gezogenen Schotterschichten werden vom Schwerverkehr ziemlich schnell wieder in eine Mondlandschaft verwandelt.
Dass diese Strecke nicht topp in Schuss ist, ist schon seltsam, insbesondere, da  es sich hier nicht um irgendein Sträßchen, sondern um die M53, die Ost-West-Verbindung in Sibirien, mit dementsprechend großem Verkehrsaufkommen handelt.

Dreckspiste

Was uns auffällt, sind die vielen rechts gesteuerten Autos mit einem provisorischen Kennzeichen in der Heckscheibe.
Es handelt sich dabei um Importfahrzeuge aus Japan oder Korea, die per Schiff nach Vladivostok kommen und von vielen kleinen Händlern und Privatleuten auf eigener Achse überführt werden.
Diese Transportweise bietet mit Sicherheit eine größere Überlebenschance für die Fahrzeuge als bei Lkw-Verladung und ist anscheinend auch billiger als mit der Bahn.

Schotterpiste

Nach etwa 200 km Gerödel über diese üblen Pisten werden wir bei Tayshet wieder mal kontrolliert.
Der Herr Gendarm ist richtig nett und witzig, so dass es uns regelrecht geärgert hat kein Russisch zu können, um ein bisschen mit ihm zu schäkern.
Auch ihm ist ein kleiner Plausch mit den fremden Motorradfahrern lieber, als die Kontrolle irgend- welcher Papiere.

schade, dass wir kein Russisch können

Meine Zigarettenpausen sind doch zu was Nütze. Beim Absteigen stelle ich fest, dass sich durch die dauernde Schüttelei beinahe meine kleine blaue Tasche verabschiedet hätte. Schon wieder die! Sie hängt nur noch mit einem Henkel am Gummiseil. Schwein gehabt!
Ok, den Verlust hätte ich verschmerzen können. Da ist nichts wirklich Wichtiges drin. Sie enthält nur unseren Wasservorrat (meist 2 Plastik- flaschen), ein altes Handtuch, Flüssigseife und  die  zusammengefaltete Flug-Reisetasche.

fast wäre die Tasche weg gewesen

Recht nett anzusehen auf der sonst land- schaftlich nicht sehr abwechslungsreichen Strecke sind die vielen bunten Bahnwärter- häuschen. Im Schnitt alle fünf bis zehn Kilometer sind sie anzutreffen, denn so häufig kreuzt die Straße die parallel verlaufende Trasse der Transsibirische Eisenbahn.
Zweimal müssen wir auf einen Zug warten, das hat aber den Vorteil, dass man danach die nächsten Kilometer nicht von vorausfahrenden Verkehrsteilnehmern eingestaubt wird.
Richtig! Als Zweiradfahrer stellt man sich vorne an!

Bahnhof Samsor

Kurz darauf steht im „middle of no-where“ der unendlichen Wälder  eine Hütte mit der Auf- schrift “Kafe” am Straßenrand. Und nachdem die russische Variante von “Kafe” eigentlich ein einfaches Wirtshaus ist passiert das immer Gleiche: zwei Deppen - ein Gedanke: Etwas Warmes braucht der Mensch. Bei Temperaturen um 6°C und gut drei Stunden Geländefahrt kommt uns die hier offerierte deftige Soljanka gerade recht. Welch ein Genuß!
Frisch gestärkt und aufgewärmt geht’s weiter auf der Schlagloch-Buckel-Piste.

Wald-Cafe

Ein Stück weiter wiederum eine Kontrolle. Der Polizist deutet uns an hinter dem Auto, das er gerade bearbeitet, zu halten.
Dann wendet er sich mit ziemlich grantigem Gesichtsausdruck uns zu. Nach Begrüßung per Handschlag und den üblichen Fragen woher, wohin etc. taut er etwas auf und lässt uns, wie sein vorheriger Kollege auch, ohne jegliche Kontrolle der Papiere weiterfahren.

Soljanka im "Kafe"

Als ich gerade losfahren will hält neben mir ein Auto. Der Fahrer steigt aus und überreicht mir einen Handschuh. Sieht aus wie meiner, ist auch meiner. Danke!
Bevor ich dem ehrlichen Finder irgendeine Belohnung anbieten kann, ist er auch schon wieder verschwunden. Dabei fällt mir auf, dass mein Tankrucksack halb offen ist. Kurze, er- schreckte Kontrolle, aber alles andere ist noch da. Es hatte sich zum Glück nur der eine Hand- schuh davongemacht.
Der zweite Beinahe- Verlust des Tages....   

Kontrolle

Eine Zeitlang schon kommt uns kein Fahrzeug mehr entgegen. Ein paar Buckel weiter über die Holter-di-Polter-Strecke erkennen wir den Grund dafür.
In einer Steigung hängt ein Sattelzug mitten auf dem schmalen befahrbaren Bereich der Piste fest. Keine Chance für den übrigen Verkehr zu passieren. Ein schwerer KAMAS Allrad-Lkw hat eben noch versucht über den aufgeweichten Teil der Fahrbahn nach oben zu kommen, fährt aber zurück als er in den stehenden Auflieger zu rutschen droht. Für uns  reicht der vorhandene Platz gerade noch aus, um an dem Havaristen vorbei zu kommen.

Blockade

Kurz vor Kansk hat die Straße ihren Namen wieder verdient, durchgehende Teerdecke und kaum Löcher.
Am Ortseingang füllen wir die Tanks. Archie dreht seine Kontrollrunde um die Mopeds. Mein rechter vorderer Blinker hängt herunter. Wir hätten zwar die nötige Schraube zum Befestigen dabei, aber um diese einzudrehen müssten wir die halbe Frontverkleidung der GS zerlegen. Nein danke, jetzt nicht!
Superintelligente Konstruktion, herzlichen Glück- wunsch Herr Ingenieur! 

unendliche Weiten

Hier hilft auf die Schnelle nur das gute Power- tape und der Blinker hängt wieder in der gewünschten Position.
Wir entdecken an meiner Kuh noch eine lose Verschraubung, die wesentlich unangenehmere Folgen haben kann: Die Mutter am hinteren, unteren Federbeinauge ist um fast drei Gewinde- gänge herausgedreht.
Könnte im schlimmsten Fall eine ungewollte, blitz- artige Tieferlegung der Hinterachse mit allen negativen Nebeneffekten bedeuten.

andere Dimensionen

Wir folgen der Wegweisung nach Krasnojarsk und landen dabei auf einer abstrusen Orts- umfahrung von Kansk.
Die Beule, die im GPS-Track nachher erscheint, zeigt ca. 20 km Umweg gegenüber der direkten Route durch den Ort.
Auf guter Straße legen wir die restlichen 250 km bis zu unserem heutigen Tagesziel ziemlich flott zurück.
Bevor wir nach Krasnojarsk hineinfahren, wälze ich noch den Lonely Planet zur Hotelsuche.

Parkplatz westlich Kansk

Bei diesem Stopp entdeckt Archie, daß sein in Ulan-Bator frisch montierter rechter Koffer- träger schon wieder gebrochen ist. Er stand vermutlich durch den bereits verzogenen Heckrahmen unter Spannung und riss diesmal am unteren Ende auseinander. Seiner Aus- drucksweise nach, hält sich seine Begeisterung darüber doch in sehr engen Grenzen.

Aber so etwas kann ihn nicht wirklich erschüttern.
Er zückt sein Schweizer Messer, bohrt Löcher in den Kunststoff, zieht ein paar Kabelbinder durch, schon passt das wieder!
Dann wird der Koffer noch durch geschicktes Umpacken um ein paar Pfunde erleichtert und es kann weiter gehen.
“Geht nicht, gibt’s nicht”, ist sein Motto.


Krasnojarsk Hotel Tourist

Das von uns ausgewählte Hotel „Tourist“ ist selbst für “Auswärtige” relativ einfach zu finden. Es liegt direkt an einer Brücke am Ostufer des Jenissei. Also einfach links den „Bach“ entlang und nach ein paar Kilometern durch die 1 Million- Einwohner-Stadt stehen wir vor dem etwa 20- stöckigen Bunker.
Es gibt ein relativ kleines, aber ordentliches Zimmer mit Frühstück für 1900 Rubel (55 EUR) und für weitere 100 R eine „Stojanka“ (merken, wichtiges Wort! = bewachter Parkplatz).


Wir gehen runter und laufen zur Brücke hinüber. Der Jenissei ist ein ganz schön großer Fluss denken wir uns, als wir die 300 m lange Brücke überquert haben. Doch alles Täuschung! Wir stehen jetzt nicht auf der anderen Seite sondern auf einer breiten Insel.

Der richtige Flusslauf kommt erst noch. Das was wir bis jetzt gesehen haben war nur ein müder Seitenarm. Fast 800m spannt sich die nächste Brücke mit mehreren Bögen über den mächtigen Strom.
Sibirien hat einfach andere Dimensionen.


Jenissei

Es ist mittlerweile kurz vor neun, die Suppe von heute Mittag schon längst verdaut, und es wird höchste Zeit, dass wir was hinter die Kiemen kriegen.
Da das hoteleigene Restaurant durch eine Hochzeitsgesellschaft  komplett in Beschlag ge- nommen ist, gehen wir schräg über den Platz mit dem vierspurigen Kreisverkehr in eine kleine Kneipe gegenüber.
Der Laden ist brechend voll, wir erwischen gerade noch einen der kleinen, aufgereihten Zweiertische im 1. Stock.

Vergnügungspark am Ufer

Das Essen war für ein Schnellrestaurant o.k, nur die beiden stockbesoffenen Weiber am Neben- tisch waren oberlästig.
Archie muß seine, ihm penetrant auf die Pelle rückende Nachbarin regelrecht grob zurück- weisen, damit er überhaupt zum Essen kommt.
Andauernd labert sie ihn an und glaubt partout nicht, dass wir kein Wort verstehen.
Schließlich kommt uns sogar die Bedienung zur Hilfe und verbannt die Rauschkugeln an einen anderen Tisch.

Krasnojarsk

Wir verlassen deshalb anschließend fast flucht- artig das Lokal und suchen uns für den heutigen Absacker  etwas anderes.
Am Flussufer, direkt unterhalb unseres Hotels, steht ein zeltartiger Kiosk mit zwei netten Studentinnen hinter der Theke.
Die beiden sprechen recht gut englisch, so können wir hier nicht nur in aller Ruhe unser Feierabendbierchen trinken, sondern auch ein bisschen zur deutsch-russischen Völker- verständigung beitragen.

die Mädels vom Kiosk

Feuerwerk

Zum krönenden Abschluß des Abends kriegen wir von der Hochzeitsgesellschaft, die uns das Hotel-Restaurant blockierte, als Ausgleich  noch ein bombastisches Feuerwerk direkt über unseren müden Häuptern serviert.

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