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Donnerstag 19.07.2007

München - Timmelsjoch - Gampenjoch - Mendelpass


Kurz nach acht erhebe ich mich leicht ge- rädert aus den Federn. Die schwüle Hitze der letzten beiden Tage hat mich nicht wirklich gut schlafen lassen. Insbesondere, da die Wochen vorher eher durch „arktische“ Sommertemperaturen, als durch mediterrane Wärme aufgefallen waren. Aber die Vor- freude auf ein paar schöne Motorrad-Tage in den Alpen verscheucht die restliche Bettschwere aus den Knochen. (Nein. morsch sind die noch nicht!)
Die letzten Dinge, und das sind immer über- raschend viele, werden noch irgendwie in den Packtaschen und im Tankrucksack versenkt und 10 Minuten später verlasse ich die Tiefgarage.
Nachdem auf dem Ring noch Morgen-Stau ist, fahre ich über Fürstenried auf die Garmischer Autobahn. Es ist bereits kurz nach 9:00 und nach einer kurzen Aufwärmphase gebe ich der Kuh die Sporen.
Wir wollen uns um 10:00 beim McD in Garmisch treffen. 

Wir, das sind sieben Mannen, die schon letztes Jahr zusammen eine Tour über die Schweizer Pässe unternommen hatten. Wir hatten uns vorher nicht gekannt, aber die letztjährige Runde war so nett gewesen, dass eine Fortsetzung praktisch unumgänglich erschien. Auch dieses Jahr konnte Achim seine Chefs bei NK-Net- works/Axian irgendwie dazu überreden unser Vorhaben mit einem namhaften Beitrag zu sponsern. Deshalb hier schon mal ein herzliches Dankeschön in diese Richtung.
Auf der Strada ist nicht viel los und ich lasse die Kuh (= BMW R 1150 R Boxer) laufen. Vollgas ist nicht nötig, das Garmin 276C Navigations- maschinchen sagt eine Ankunfts- zeit von 10:05 voraus und erfahrungsgemäß sind fünf Minuten auf freier Strecke noch herauszuholen.
Ich versuche zumindest immer pünktlich zu sein, meist aber muss ich das mir schließlich zu- stehende „akademische Viertel“ in Anspruch nehmen.


Kurz nach der Sindelsdorfer Ausfahrt pfeift eine gelbe Honda VTR an mir vorbei. Obwohl mit 160 Sachen unterwegs, habe ich das Gefühl rück- wärts zu fahren. Grad dass ich auf dem Num- mernschild noch ein ED entziffern kann. ED ? Und ein einzelner Fahrer, der es um diese Zeit so eilig hat? Einer, und zwar Michael, aus unserer Truppe hatte doch auch ein ED hinten drauf.
Ich drehe den Gasgriff bis zum Anschlag auf und versuche ihm zu folgen. Keine Chance, wenn ihm nicht ein Schnarchzapfen die linke Spur „zuge- parkt“ hätte, wäre er auf und davon gewesen. So aber kann ich ihn einholen und nach einem kurzen Blickkontakt erkennen wir uns wieder.

Michael + Barney McD Garmisch

Gemeinsam fahren wir nach Garmisch zum McD und kommen fast Punkt 10:00 an. Pünktlich wie die Maurer.
Es gibt ein freudiges Hallo, als wir dort bereits Franz und Werner, auf den Rest der Meute wartend, vorfinden. Beide sitzen schön länger hier. Werner war, da er im „fernen“ Ostbayern wohnt, schon gestern angereist und Franz hatte geglaubt schon um neun Uhr hier sein zu müssen. Ich gehe rein und hole mir ein Früh- stück. Bacon & Eggs oder so ähnlich heißt das auf Neu- oder McD-Deutsch. Gar nicht mal so schlecht. Dazu einen Pappbecher mit Cappuc- cino. Pappbecher grausam, Cappuccino, zwar nicht italienisch gut, aber trinkbar.

Franz + Werner McD Garmisch

Wir ratschen und warten. Achim, Gunther und Rainer gehen uns noch ab. Nach einer halben Stunde gräbt Franz sein Telefon aus und ruft Achim an. Dabei stellt sich heraus, dass die anderen drei im falschen McD sitzen und auf UNS warten.
*Rechthabermodus ein* Ich hatte extra noch in einer Mail darauf aufmerksam gemacht, dass es ZWEI McD in Garmisch gäbe und dass laut Adresse der Treffpunkt eben NICHT der McD an der B2 sei.
Aber  Vertriebler hören einem ja offensichtlich nie zu ….;=]] *Rechthabermodus aus*

McD Garmisch

Kaum zwanzig Minuten später haben sie dann auch den Weg in die Stadtmitte zu uns herüber gefunden. Wir grinsen über alle Backen und natürlich können sie sich ein paar nette Frotzeleien anhören.
Nach ausgiebiger Begrüßung, ein paar weiteren Bechern Kaffee und einem kurzen Disput mit einem grantigen Taxler, setzt sich die Karawane so kurz nach 11:00 dann doch noch in Richtung Fernpass in Bewegung.
Die an sich schöne Strecke bis Ehrwald konnten wir leider nicht so genießen, es war einfach zu viel Verkehr. Alle Touris aus dem garmischer Raum hatten sich anscheinend gleichzeitig zum Wandern, Baden oder was auch immer auf den Weg gemacht.

In Ehrwald erster Tankstopp. Michael hat dieses Mal den kleinsten Tank. Und weil wir grad schon stehen zündet sich auch (fast) jeder eine Ziga- rette an. Kurz, auch ein Tankstopp bedeutet mindestens 20 Minuten Pause.
Über Biberwier geht’s zum Fernpass hinauf. Auch hier, wie meistens, Kolonnenverkehr, Über- holen sinn- und zwecklos. Vorbei an Imst, fahren wir nach Süden, Richtung Sölden. Der Verkehr lässt nach und das Fahren macht wieder Spaß. Auch im Ötztal gibt es zwischen den zwar relativ dicht gedrängten Orten ganz nette Abschnitte um mit einem Zweirad Spaß zu haben. Je höher wir kommen um so erträglicher wird auch wieder die Temperatur. Stellenweise hatten wir heute schon um die 30°C.


Zwieselstein, Untergurgl, Hochgurgl und wir stehen vor der Mautstation des Timmelsjochs.
Die Österreicher kassieren hier 11 €, in Worten ELF Euro, für die einfache Überfahrt. Auf einem Schild steht zwar, dass sie davon zwei Euro irgendwas an die Italiener abtreten, der Vertei- lung der Strecke nach müsste das Verhältnis aber eigentlich umgekehrt sein.
Aber bevor wir löhnen, genießen wir das Gebirgspanorama und schießen ein paar Bilder.

Timmelsjoch

Timmelsjoch

Als wir dann zum Zahlen antreten, entpuppt sich das Männchen an der Kasse als echte Renn- schnecke. Ich wusste gar nicht, dass man sich so langsam bewegen kann. Dieses Tempo wird doch sonst eher den Burgenländern nachge- sagt, aber vielleicht ist er ja ein „Grau-Import“. Graue Haare hatte er zumindest. Vielleicht wegen der nicht enden wollenden Schlange an seinem Häuschen?
Gunther der als erster durch war, legt sich nach ein paar hundert Meter in einer Kehre mit seiner Kamera auf die Lauer und macht ein paar dynamische Schräglagen-Bilder von uns.
Kommt immer wieder gut!


Timmelsjoch Franz Timmelsjoch Werner

Der Scheiteltunnel ist in letzter Zeit offensichtlich zu einer Art Lichtorgel umgebaut worden. Rote und weiße Lauf- lichter entlang des Fahrbahnrandes helfen auch dem Blindesten nicht mit der Tunnel- wand zu kollidieren. Am Tunnelende mache ich noch einen kleinen Fotostopp, die anderen wollen endlich Kurven fahren und düsen den Berg hinunter. Schade, denn auch von hier gibt einen wunderschönen Ausblick. Also die Kuh angeworfen und die „Aufhol- jagd“ begonnen. Allzu weit muss ich nicht fahren. Kurz unterhalb der Baumgrenze steht die gesamte Mannschaft auf dem Parkplatz des Gasthofs „Schönau“.

Timmelsjoch

Es ist inzwischen fast 14:00 und allen knurrt der Magen. Auf der Terrasse, eigentlich mehr ein Balkon, der über die Hangkante hinaus ragt, fin- den wir einen freien großen Tisch.
Und obwohl wir eigentlich ein bunt zusammen ge- würfelter Haufen sind, so scheint uns nicht nur das gemeinsame Hobby „Motorrad fahren“ zu einen. Auch die Vorliebe für bestimmte Position aus der durchaus reichhaltigen Speisenkarte zeigt, dass uns irgendwie mehr verbindet.

Apfelschorle und Spiegeleier mit Bratkartoffeln sind die fast einstimmige Auswahl. (Ein, zwei „Abweichler“ gibt es immer.)
Zum Abschluss noch Cappuccino (sechs) und Espresso (einen) und die Welt ist wieder in Ordnung.
Nach fast anderthalb Stunden brechen wir dann doch auf. Wenn es schon keinen Verdau- ungsspaziergang gibt, machen wir wenigsten ein bisschen Gymnastik auf den Bikes.


Gasthof Schönau Timmelsjoch Gasthof Schönau Timmelsjoch

Zwanzig Minuten später sind wir unten in St. Leonhard. (Den Spruch: „so ein Motorrad mit dem man 20 Minuten das nur halbe Timmels- joch hinunter braucht  hatte ich auch mal“ könnt ihr euch sparen! Reisen, nicht rasen, ist die Maxime!)
Leider nimmt im Tal nicht nur der Verkehr wieder zu, auch die Temperatur hat sich auf deutlich über 30°C erhöht. Wir eiern das Passeier-Tal bis Meran entlang. Viele Ortschaften und viele, enge und unübersichtliche Kürvchen machen ein Überholen fast unmöglich. Und wenn man mal was sieht, dann kommt wieder was entgegen....
Wir queren Meran, von einigen Ampeln ge- bremst, so schnell wie möglich. Hier verkocht man fast in der Montur. Drüben in Lana ist nochmals Spritnachfüllen angesagt. Micha will lieber beim Tanken stehen bleiben, als die gute Honda dann mit leerem Tank durch die Berge schieben müssen.

Es ist brutal schwül und heiß! Die meisten sind im wahrsten Sinne des Wortes Schweiß gebadet.
Sogar Werner macht seine Jacke auf und auch Micha nimmt endlich sein Winterfutter aus dem Anzug. Patschnass! (Ich bin überzeugt, ich an seiner Stelle hätte darin schon einen Hitzschlag bekommen)
Franz steht gewissermaßen schon der Fuß- schweiß auf der kahlen Stirn und die Brühe läuft ihm in Strömen am Hals herunter.
Endlich geht es weiter.
Jetzt kommt der genussvollste Teil des heutigen Tages. Wir schwingen das Gampen-Joch hinauf. Ohne Haken, ohne Ösen, genial gewunden, wie für’s Motorrad gemacht, geht es auf bestem Asphalt und wie im Rausch den Berg hinauf.
Nach so was könnte ich süchtig werden!
Leider sind solche Abschnitte immer zu kurz….


Oben in Fondo biegen wir links zum Mendel- Pass ab. Auch dieser „hintere“ Teil des Passo di Mendola ist wunderschön zu fahren und bis auf ein paar Chopper-Fahrer in kurzen Hosen (die Deppen), die kurzzeitig die Kurven „zuparken“, ist außer uns kaum jemand unterwegs.
Das „Garni Petra“ finden wir, auch wenn es etwas versteckt in zweiter Reihe liegt, dank GPS ohne Probleme.
Abladen, das Zimmer stürmen und sofort unter die kühle Dusche, ein Satz frischer Klamotten noch und wir fühlen uns wie neu geboren!

Garni Petra

Da das Abendessen erst gegen 19:30 auf- getischt werden wird, treffen wir uns, um noch einen kurzen „Ausflug“ in den Ort Passo Men- dola zu machen.
Mehr als zwanzig Häuser sind das nicht, fast alles Hotels und Pensionen. Der einzige Super- mercato ist grad am Zumachen, aber wir können noch unter der bereits halb geschlossenen Jalousie hinein schlüpfen, um noch was gegen den Durst zu besorgen.
Anschließend sitzen wir auf ein Bierchen/Spezi im Ristorante nebenan zusammen.
Danach geht’s zurück zum Dinner ins „Petra“.

Mendelpass Ort

Als Primo gibt es Pasta, als Secondo bekommen wir Vitello tonnato und zum Sattwerden Kartoffeln dazu. Ich muss anmerken, dass das Vitello ton- nato wirklich super war! Meistens kriegen sie das auch in Italien nicht so richtig hin. Entweder ist die Soße mit dem Tonno  zu dick- oder zu dünn- flüssig oder es ist zuviel oder zu wenig Thunfisch drin. Aber heute stimmt für mich einfach alles. Auch den anderen scheint’s zu schmecken, denn als die Wirtin fragt, wer noch gerne  einen Nach- schlag hätte, heben alle die Hände.
Zum Tagesausklang gemütliches Bierchen- Trinken im Garten. So kurz nach Mitternacht verschwinden auch die letzten in den Betten.

Achim und Franz
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