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Mittwoch 30. Mai 2007

Bestuzhev - Baikal - Irkutsk


von

nach

Dauer h

Fahrt h

Stand h

km

Ø km/h

Ø in Fahrt

Bestuzhev

Irkutsk

11,4

7,4

4,0

555

49

76


08:30 Uhr Aufstehen. Archie „gönnt“ sich eine Dusche, ich verzichte, die Warmwasserhähne sind leider nur Attrappe. Kaltes Wasser am Morgen! Widerlich!!!

Es gibt auch kein Frühstück, nur einen haus- eigenen Laden, zu dem man durch ein Labyrinth von Gängen quer durchs ganze Hotel gelangt.


Also laden wir auf und starten. Archie muß aller- dings noch Frühsport betreiben. Beim Druck auf den Starterknopf ertönt nur ein jämmerliches Gewinsel.
Die benötigte Strommenge zum Durchdrehen des etwa 0°C kalten Boxers kann der chinesische Batteriewinzling nicht liefern und hißt deshalb unverzüglich die weiße Flagge.
Aber mit Hilfe bayrischer Muskelkraft erwacht die Kuh nach dem zweiten Tritt auf den Kickstarter zum Leben.

Beztushev

Das Hotel konnten wir zwar in Dollar bezahlen, aber zur weiteren Versorgung brauchen wir lokale Währung. Die nächsten 3000 km sind Rubel angesagt. Die dazu nötige Bank finden wir an einem größeren Platz im Stadtzentrum.
Archie holt Rubel mit seiner Mastercard. Alles wäre recht einfach, gäbe es nicht ein lateinisches und ein kyrillisches Alphabet.

So dauert es ca. 30 Minuten bis er mit 15.000 Rubel (420 EUR) wieder herauskommt. Ich habe mich zwischenzeitlich auf dem Marktplatz mit einigen neugierigen Passanten mit Händen und Füßen unterhalten. Schade, dass wir kein Russisch können. Die Leute hier sind alle freundlich und daran interessiert was die komi- schen Touristen hier machen. 


Beztushev

Ich bunkere noch Zigaretten und gleich nebenan noch was Süßes und Getränke. Die vermeint- lichen Kekse entpuppen sich später als Bausatz, es ist nur eine Backmischung.
Eine erkennbare Ausfallstraße gibt es keine, deshalb folgen wir unserem gestrigen GPS- Track zwischen den Plattenbau-Bunkern hin- durch zurück zur Hauptstraße hinauf.
Kaum auf derselben werden wir von einem Polizisten, der in einer Parkbucht wohl auf Verkehrssünder lauert, gestoppt.
Das kann ja heiter werden, denken wir uns, wenn das die nächsten 3000 km durch Sibirien so weiter geht.


Beztushev - Ulan-Ude

Aber er ist nur neugierig und läßt uns nach den im Laufe der gesamten Reise noch oft gestellten Fragen zu Motorrad-Daten, “woher-wohin”, ohne Kontrolle der Papiere weiterziehen.
Auf sehr guter Straße kommen wir flott voran und sind so gegen Mittag in Ulan Ude.
Hier werden wir das erste Mal mit den russischen Tankmodalitäten konfrontiert.
In einem vergitterten Häuschen sitzt ein Kassie- rer, dem man im  Voraus das Geld für die gewünschte Spritmenge durch eine kleine Schublade schiebt.


Volltanken ist hierzulande anscheinend nicht üblich. Es war auf der ganzen Reise fast jedesmal ein Problem der- oder demjenigen im Kassen-Kabuff klar zu machen: Hier hast du erst mal 1000 Rubel, dann tanken wir voll und was wir nicht verbraucht haben gibst du uns dann einfach wieder raus.
Bei einem Preis von durchschnittlich 18 Rubel (55 Cent) pro Liter Normalbenzin lag unsere gemeinsame Rechnung meist zwischen 700 und 800 Rubel pro Füllung.
Als wir ein paar Tage später das Wort „da polnja“ für „voll“ gelernt haben ging‘s dann etwas besser.

Tankstelle Ulan Ude

Einige Kilometer hinter Ulan Ude biegen wir links in einen Seitenweg ab und erklimmen mit den Motorrädern, zur besseren Aussicht auf das Tal, eine kleine Anhöhe.
Gemütliche Mittagspause mit Keksen und Wasser neben einem leicht desolaten Friedhofs- gelände.
Nach einer weiteren halben Stunde Fahrt über eine Hügelkette, parallel zum Durchbruch der Selenga, deren Lauf wir weitgehend schon seit Sukbataar in der Mongolei folgen, haben wir den ersten Ausblick auf den größten Süßwassersee des Planeten, den Baikal.

Pause bei Ulan-Ude

Baikal See

endlose Birkenwälder

Fasziniert vom Anblick dieser riesigen, im Süden von schneebedeckten Bergen gesäumten Was- serfläche, stoppen wir am Straßenrand. Wow! Das hat was!
Der Baikal-See, Baikal-Meer wäre sicherlich eine zutreffendere Bezeichnung, ist ca. 700 km lang (München - Kiel), bis zu 80 km breit und stellen- weise über 1600m tief!
Kaum fassbare Dimensionen. Passt aber gut zu den unendlichen Weiten Sibiriens. Mitteleuropa ist dagegen nur “Lego-Land”
Wieder mal stehen und staunen!


Die gesamten Superlative  dieses Gewässers hier aufzulisten, würde den Rahmen dieses Berichts sprengen. (Details -> http://de.wikipedia.org/wiki/Baikalsee )
Um wenigstens einmal mit dem  Wasser in Berührung zu kommen, fahren wir ein paar Kilometer weiter noch zum Ufer hinunter.
Bei der per Zeigefinger-Thermometer gemesse- nen Wassertemperatur von ca. 10°C kommt keiner von uns auf den dummen Gedanken hier baden zu wollen. (Ich sehe in Gedanken noch die Eisschollen des letzten Winters auf dem See treiben)

Baikal See

Transsib

Wir fahren jetzt auf der sibirischen Ost-West- Magistrale, entlang der Transsibirischen Eisen- bahn (Wladiwostok - Novosibirsk), und das Ver- kehrsaufkommen ist seit Ulan Ude entsprechend reger geworden.
Durch die vielen schweren LKW leidet die Straße sichtbar. Schlaglöcher von Fußball- bis Bade- wannengröße reihen sich dicht aneinander.
Mit dem Bike sind wir hier den Autos eindeutig überlegen. Es findet sich fast immer eine durch- gehende, ebene Spur zwischen den Löchern hin- durch, wenn auch oft nur in wilden Schlangen- linien.


Nur einmal habe ich mich verkalkuliert und knalle dermaßen (arme Kuh!) in so ein Loch, dass mir beinahe die kleine, blaue Tasche auf dem Gepäckträger davon fliegt. Sie hängt nur noch am Gummiseil. Geht  es womöglich schon wieder los, das Gschieß mit den Taschen?
Wir sind zwischenzeitlich, ohne nochmals aufge- halten zu werden, an einigen Polizeiposten vorbei gekommen, doch bei Babuschkin werden wir wieder einmal kontrolliert.

Baikal See

Der Herr Gendarm nimmt unsere Pässe, hält sie aufgeschlagen, aber verkehrt herum in der Hand und inspiziert nur unsere Motorräder.
„BÄ-ÄM-WÄ“ kucken ist einfach  interessanter.
Auf die immer gestellte Frage:  „woher kommst Du?“ (in Lautschrift so ähnlich wie „akuda voje?“) haben alle zunächst bei der Antwort „Germania“ ein Problem, weil wir dafür ja aus der falschen Richtung kommen. Bei der weiteren Erklärung „Mongolia-Germania“ schüttelt es die meisten alleine bei dem Gedanken an die Größe der zurückzulegenden Distanz.

Imbiss

An einem Parkplatz haut der C die Bremse rein. Nicht wegen dem auch hier großartigen Blick auf den See, sondern er hat was entdeckt und gerochen. Eine Frau bietet frisch geräucherten Omul an, eine Forellen-ähnliche, endemische Fischart, die  also ausschließlich hier  vorkommt.
Man war nicht am Baikal, wenn man keinen Omul gegessen hat, sagen die Russen.

Das erste Exemplar für 30 Rubel (ca. 0,90 Euro) ist schnell verspeist, deshalb darf es auch gleich noch ein zweites sein. Lecker, lecker!
Gegessen wird aus der Hand, eine Möglichkeit zum Pfoten-Waschen ist auch nicht vorhanden und so bleibt uns der Omul-Geruch noch ein paar Tage in Archies Handschuhen erhalten.


frisch geräucherter Omul Der Fisch is fei guat!

Kurz bevor wir den See verlassen, füllen wir die Tanks und genießen auf einer Anhöhe noch einen letzten Blick auf den von der Abendsonne beschienen Baikal.
Schade, wir haben leider keine Zeit um bis zum Sonnenuntergang warten zu können.


Baikal See

Der nächste ca. 100 km lange Abschnitt nach Irkutsk ist, bis auf den ständig wechselnden Straßenbelag, garniert mit einigen Schotter-Kilometern in den Baustellen, eine wunder- schöne Motorradstrecke. Elegant schwingen sich die Kurven durch die bewaldeten Ausläufer des Baikal- Gebirges, ein echter Genuss nach dem vielen Geradeaus der letzten Stunden.
Irkutsk, an der Angara, dem einzigen Abfluss des Baikal-Sees, gelegen,  ist zwar eine Halbmillio- nen-Stadt, aber die Auswahl an Übernachtungs- möglichkeiten ist für uns heute nicht besonders groß.

Baikal - Irkutsk

Nicht, dass es in Irkutsk so wenige gäbe, aber wir brauchen ein Hotel der gehobenen Kategorie, das unsere zwingend vorgeschriebene Touristen-Registrierung vornehmen kann.
Dies auf dem Amt selbst zu erledigen, kann unter Umständen zwei, drei oder mehr Tage in An- spruch nehmen.
Auch wenn im Internet zu lesen ist, dass diese Anmeldung neuerdings ausschließlich persönlich vorzunehmen sei, hatten wir beide Male bei der Ausreise keine Probleme mit der vom Hotel durchgeführten Registrierung . 

Irkutsk

Irkutsk - Hotel Delta

Gegen acht Uhr stehen wir vor dem, vom Lonely Planet empfohlenem und mit dessen Hilfe auch sofort gefundenem, Hotel. Leider können sie nur Kingsize-Doppel- aber keine Einzel-Betten anbie- ten.
Die nächstgelegene Möglichkeit ist das Busi- ness-Hotel „Delta“.
Für stolze 3400 Rubel (95,-EUR) und  damit 900 RUB teurer als im vorherigen Hotel, bekommen wir aber auch ein luxuriöses Zimmer, wie man es auch in guten mitteleuropäischen Häusern findet.


Die freundliche Dame an der Rezeption erledigt auch prompt und routiniert die ganzen Formali- täten für unsere Registrierung. Das heißt, das Hotel bestätigt mit Stempel und Unterschrift auf einem Formblatt, dass sie die Daten aufs Amt zur Erfassung weitergeben werden. Dieser, dem Pass lose beilgelegte, Wisch genügt um die russische Grenzerseele zufrieden zu stellen.

Die Mopeds müssen heute im Freien über- nachten. Einen geschlossenen Hinterhof gibt es hier zwar keinen, aber die Bikes stehen, per Stahlseil zusammen gefesselt und vom Lada des Hotelmanagers halb zugeparkt, relativ sicher unter dem Treppenaufgang zum Foyer.


Zum Abendessen fahren wir der Einfachheit halber gleich mit dem Lift ins hoteleigene Lokal hinunter.
Das Restaurant entspricht dem gehobenen Stan- dard des Hauses, die Preise sind aus unserer Sicht jedoch angenehm moderat.
Auch wenn sich keine gemeinsame Sprache zwischen uns und der Bedienung findet, so bekommen wir doch genau das serviert, was wir zum Dinner haben wollen.
Bierchen gibt’s und rauchen darf ich auch. Ein schöner Abend.

Irkutsk - Hotel Delta
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