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Dienstag 19. September 2006
 Camp 3 - Kharkhorin - Camp 4


So kurz nach 9:00 krabbeln wir aus den Schlafsäcken. Von Michael und Suzane ist noch nichts zu sehen. Die Luke zu ihrem „Penthouse“ ist noch fest verschlossen.
Auf den Motorrädern und auf dem Zelt sind noch ein paar Regentropfen vom gestrigen Abend. Ist mir aber lieber, als der Raureif von vor zwei Tagen.
Durch die schützende Wolkendecke der letzten Nacht ist es auch nicht so besonders kalt gewesen. Jetzt ist der Himmel wieder völlig klar. Kein Wölkchen ist zu sehen. Warm scheint die Sonne.

Camp 3

Ich drehe, kombiniert mit dem morgendlichen Spatengang, eine kleine Fotorunde um unser Lager.
Als ich zurück komme sind die Frankfurter auch aus ihrer Höhle gekrochen.
Archie als alter Pyromane hat aus den Glut- resten das Feuer neu entfacht und das Kaffee - Tee-Wasser aufgesetzt.
M+S werkeln schon am Frühstück. Es gibt, neben anderem, meine geliebten Rühreier! Fast wie im Hotel!
In aller Gemütsruhe sitzen wir und futtern. Wir haben Zeit.

Mmmh Rühreier!!

Nach Ulan-Bator sind es nur noch etwa 350 km und die wollen wir auf zwei Tage verteilt zurücklegen. Nachdem es offensichtlich Strassen gibt und wir nicht mehr schweres Gelände fahren müssen, geradezu ein Klacks. Also zurücklehnen und genießen.
Wir warten bis die Sonnenstrahlen auch den letzten Regentropfen auf der Zeltplane aufge- sogen haben und machen uns dann langsam ans Einpacken.
So gegen 12:00 ist die Truppe marschbereit.
Wir verlassen den Orchon, so heißt der Fluß, und fahren den steilen Pfad zur Strasse hinauf.

Camp 3

Nächstes Etappenziel ist Kharkhorin, das ehemalige Karakorum. Dieser Ort war Anfang des 13. Jahrhunderts die Residenz von Dshingis Khan und seinem Nachfolger Ugedai Khan.
Von der alten Metropole ist aber nichts mehr zu sehen. Die Archäologen streiten zwar über die Zuordnung bestimmter Mauern zu irgendwelchen Khan-Palästen, aber touristisch interessant ist das nicht wirklich.
Wir wollen zum Erdene Zuu, einer Tempelanlage ca. 1 km nördlich von Kharkhorin.

rauf auf die Strasse

Wikipedia: Erdene Zuu war das erste buddhistische Kloster in der Mongolei. Es wurde 1586 von Abadai Khan gegründet.  In der etwa 400 mal 400 Meter großen Klosteranlage lebten früher über 1000 Mönche.
Geschichte: Die Bauzeit dauerte über 300 Jahre. Zwei Mal, im 17. und 18. Jahrhundert, wurde das Kloster von mandschurischen Eroberern zerstört und in den Jahren 1760 bis 1796 und 1806 bis 1814 wieder auf- und ausgebaut.
Innerhalb seiner quadratischen Außenmauer sollen sich auf dem großen Areal im Jahre 1870 etwa 62 Tempel im chinesisch-mongolischen Mischstil befunden haben.

Zum Teil besteht Erdene Zuu aus den Steinen der alten Hauptstadt Karakorum. 1937 zerstörte die sowjetische Armee im Zuge stalinistischer Säuberungen das Kloster.
Von der einstigen Klosteranlage sind heute nur die imposante, von 108 Stupas gekrönte Mauer aus dem 17. Jahrhundert und vier Tempel erhalten. Erst nach dem politischen Wandel im Jahr 1990 wurde das Kloster wieder in Betrieb genommen. In letzter Zeit wurden einige Gebäude mit erheblichem Aufwand restauriert. Die vollständige Wiederherstellung der Anlage erscheint jedoch in absehbarer Zeit nicht finanzierbar.


Zehn Minuten später stehen wir vor der massiven Ziegelmauer der Tempelanlage. Strahlend weiß leuchten die Stupas, die wie Zinnen oben auf der Mauerkrone sitzen.
Am großen Tor machen wir Halt. Es gibt einen richtigen, geteerten Parkplatz auf dem einige Minibusse und ein paar dicke Geländewagen stehen. Alle mit Ulan-Bator Kennzeichen. Alles Touristen! Solche „Massen“ haben wir schon lange nicht mehr gesehen.
Wir stellen die Bikes direkt vor dem Eingang ab, in der Hoffnung, dass das ständige Kommen und Gehen etwaige Diebe abhalten möge. Tankruck- säcke, Helme und Jacken deponieren wir vor- sichtshalber im Landrover.

Erdene Zuu Tempelbezirk

Durch das große Portal betreten wir die Anlage. Das etwa acht Fußballfelder große Areal ist fast leer. Da sind wir einfach 250 Jahre zu spät dran. Aber auf der linken Seite gibt es ein Paar Tem- pel, die den Blick auf sich ziehen.
Aber zuerst müssen wir Eintritt bezahlen. Kostet pro Person 3500 Tg (2,60 EUR) und pro Kamera 5000 Tg (3,70 EUR).
So und jetzt stehe ich vor dem Problem eine Tempelanlage in Worte zu fassen ohne ein eigenes Buch darüber zu schreiben.
Deshalb nur soviel: Die Tempel selbst, sind bis auf ein paar kleinere, wieder in zwei größeren Anlagen zusammengefasst.

Die erste besteht aus, für mich, fünf nepalesisch anmutenden Gebäuden, die andere aus drei Tempeln, meiner Meinung nach von rein chine- sischem Stil. Aber Experten mögen da eine andere Meinung haben.
Was mir noch aufgefallen ist, ist dass die Götter- figuren sehr hinduistisch aussehen. Jedenfalls bin ich auf solche Figuren bisher hauptsächlich in Bali und Indien gestoßen.
In den Tempelanlagen Thailands dagegen domi- nierten ausschließlich Buddha-Statuen.
Ansonsten: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte…..


Erdene Zuu Tempelbezirk Eintrittskarten

Erdene Zuu Tempelbezirk Erdene Zuu Tempelbezirk

Im großen „chinesischen“ Tempel ist anscheinend Schule. Etwa 10 – 15 Jungmönche in den klassi- schen, gelb-roten Gewändern sitzen in einer Art Schulbank, essen und rezitieren Texte im typisch buddhistischen Singsang.
Zu Schluss finden wir uns im unvermeidlichen Souvenir-Shop wieder. Ist hier aber wenigstens lan- destypisch in einem Ger untergebracht. Die Verkäufer sind angenehm zurückhaltend. Kein Vergleich zu den überaus aufdringlichen Schreihälsen anderer Regionen auf diesem Planeten.


Erdene Zuu Tempelbezirk Erdene Zuu Tempelbezirk

Inzwischen sind zwei Stunden wie im Flug ver- gangen und wir schleichen auf müden Beinen zu- rück zum Ausgang.
Der tempeleigene Imbiss hat über Mittag (wie geschickt!) geschlossen, aber kein Problem, draußen lauern mehrere Verkaufsstände auf hungrige und durstige Touristen.
Bis zur deutschen Currywurstbude ist es zum Glück hier noch nicht gekommen, aber es gibt eine trinkbare Limonade und unsere geliebten Snickers.
Suzane geht noch mal zurück in den einen Souvenirladen.

Erdene Zuu Tempelbezirk

Als sie wieder kommt, überreicht sie jedem von uns einen blauen Gebetsschal. Ihre Idee ist, dass wir draußen im Gelände unseren eigenen kleinen Ovoo aufbauen sollten.
Lieb gemeint, aber ich muss gestehen, ich habe mit Zeremonien so meine Probleme. Ich möchte den schönen blauen Stoff mit den als Muster eingewebten Lebensrädern lieber als Andenken mit nach Hause nehmen.
Er hängt jetzt als stilechte Dekoration hinter mei- ner Buddha-Sammlung und erinnert mich an sie und diese Reise.

Erdene Zuu Tempelbezirk

Wir fahren nach Kharkhorin hinein. Die Vorräte müssen aufgefüllt werden.
Der Ort selbst ist kaum erwähnenswert und auch deutlich kleiner als z.B. Tsetserleg, aber es gibt wie immer Schule, Bank, Verwaltung, Post und einen Laden, der alles was wir benötigen im Sortiment hat.
Während die anderen Shoppen bleibe ich draußen auf dem Hauptplatz und schaue den Leuten zu.
Ein Minibus spukt ein paar Passagiere vor der Post aus, ein paar Kinder spielen fangen, sonst ist nichts los.

Hauptplatz Kharkhorin

Plötzlich „sächselt“ mich von hinten jemand an. Eine deutsche Reisegruppe, überwiegend aus der Gegend um Leipzig ist aufgetaucht. „the Germans are like empty bottles, anywhere“ denke ich mir in Abwandlung des Spruchs, den wir vor Jahren einen Norweger über die Schwe- den haben sagen hören.
Das Übliche „Wer-denn-was-denn-wohin-denn“ beginnt. Kurzer Ratsch, die anderen sind inzwischen aus dem Supermarkt gekommen, dann müssen wir weiter.

Auch die Sachsen starten. Zumindest machen sie den Versuch. Aber einer ihrer beiden russischen Minibusse springt nicht an. Sie scheinen das gewohnt zu sein, denn sie springen wie auf Kommando aus dem Fahrzeug und schieben. Dann läuft die Karre wieder.
Tanken am Ortsausgang. Nachdem die Bikes wieder mit Sprit befüllt sind, folgt außerhalb von Kharkorin wie immer der Fotostopp am Stadtportal, wobei Archie auf einmal mittelmäßig zu fluchen anfängt.


Obwohl die Mopeds direkt vor dem Kloster- portal gut einsehbar geparkt waren, hat ihm irgend so ein Mistkerl sein Thermometer vom Lenker geklaut. Materiell zwar kein großer Verlust, aber das gute Teil hat uns seit Jahren immer genau gezeigt warum wir schwitzen oder frieren.
Er jedenfalls wünscht er dem neuen Besitzer viel „Glück“, frei nach dem Motto „die Krätze soll er kriegen und nur 10 cm lange Arme, damit er sich nicht kratzen kann“.
Es bleibt aber zum Glück der einzige derartige Verlust auf dieser Reise.

Portal nach Kharkhorin

Wir düsen weiter und kommen richtig gut voran. Wir haben Teer unter den Rädern, wir können es immer noch nicht richtig fassen. Eine richtige Strasse!
Die Landschaft erinnert mich sehr an den Südwesten der USA. 

Lange Gerade ziehen sich durch endlos lange Talbecken. Eine Stelle sieht fast aus wie am Monument Valley.
Nur die roten Sandstein-Säulen fehlen am Horizont. Dafür gibt es an den Scheiteln der Hügel Ovoos.


Mir zwei wie in den USA

An einem besonders großen und schönen halten wir mal an.
Er ist gut 2 Meter hoch und hat an der Basis bestimmt 5 m Durchmesser. Er ist über und über mit bunten Gebetsfahnen verziert.
Die überwiegende Anzahl ist blau und symbo- lisiert die Erde. Der Anteil an gelben (Sonne), roten (Feuer), grünen (Leben) und weißen (Mond) ist deutlich geringer.
Neben dran steht sogar eine kleine Gebets- mühle, fast vollständig von blauen Schals eingewickelt.  Dieser Ovoo scheint wirklich bedeutend zu sein.

Ovoo

Zum Einen halten fast alle vorbeikommenden Fahrzeuge hier an und zum Anderen liegen die unvermeidlichen Wodkaflaschen zwar überall ringsherum verstreut, aber nur in sehr geringer Anzahl auf dem Ovoo selbst.
Natürlich bleibt man als Tourist hier nicht allein. Eine Gruppe junger Schweizer hat sich zu uns gesellt.
Weiter geht’s es auf der „Autobahn“. Links von uns sind kleinere, aber pechschwarze Berge, rechts von uns ziehen sich die Sanddünen des Mongol Els dahin.
Eine gute Stunde später und ca. 60 km weiter suchen wir einen Platz für unser Camp.

gemütliches Ratschen am Ovoo

Nachdem wir uns erst, ob der großen Auswahl nicht ganz einig sind, fahren wir dann rechts, frei durchs Gelände einen Hügel hinauf.
Wir fahren im Stehen, denn das Steppengras steht hier einen guten halben Meter hoch und aus dem Sitzen ist vom Untergrund so gut wie nichts zu sehen.
Man hatte uns besonders vor den großen Murmeltier-Löchern gewarnt.
Leider habe ich keines gesehen. Dem Archie läuft allerdings, für mich im hohen Gras nicht zu erkennen, ein dickes fettes Exemplar fast direkt ins Vorderrad.

Steppengras

Oben auf dem ersten Absatz warte ich auf den Landrover. Archie spielt Scout und fährt den nächsten Hang hinauf. Dort gibt es Felsforma- tionen, die einen guten Wind und Sichtschutz abgeben könnten.
Hier ist es super“ meldet er per Funk. Er hat nicht übertrieben. Große, wie Kissen-Lava aus- sehende Felsblöcke stehen frei in der Land- schaft und bieten guten Schutz.
Hinter einem, wie ein Vordach leicht geneigten, quer zum Wind stehenden Block schlagen wir unser Lager auf. 

Camp 4

Ein gerade zu idealer Platz. Auch die Aussicht hinunter in die Ebene mit den dahinter liegenden Sanddünen ist fantastisch.
Schnell ist ein Feuerchen geschürt und Suzane schnippelt schon wieder fürs Abendmahl.

Da unser Holzvorrat ziemlich knapp ist, gehe ich weiter den Berg hinauf. Dort oben leuchtet das charakteristische Weiß von Birkenrinde in der Abendsonne. Überhaupt die Abendsonne! Geradezu kitschig beleuchtet sie die Szene.


Birken-"Wäldchen" Atemberaubende Landschaft

Ich kann nicht widerstehen und mache EINIGE Fotos. Bei den Birken angekommen, finden sich auch ein paar trockene Äste, die ich mühsam bis zu unserem Biwak schleppe.
Allerdings hat sich die Mühe nicht wirklich gelohnt. Das Holz muss wohl schon sehr lange Zeit herumgelegen haben, denn es brennt fast nicht mehr. Aber es genügt um den leckeren Paprika-Mais-Erbsen und Sonstnochwas Eintopf zu kochen.
Und während das Gemüse vor sich hin köchelt erleben wir einen der spektakulärsten Sonnen- untergänge dieser Reise.

Schnippel-Meisterin Suzane

Das gelb-weiße Steppengras färbt sich langsam rot, die grau-braune Ebene wird rot-braun und die dunklen Berge werden immer schwärzer. Der Himmel wird knall-orange, dann dunkelrot.

Die ersten Sterne flimmern und schließlich weicht das letzte Licht dem schwarzblau des klaren Nachthimmels. Einfach gigantisch! Kitschig? Oder einfach ein wunderschönes Naturschau- spiel? Egal! Stehen und staunen!


Sunset Sunset

Suzane und Michael haben wieder ihren großen Camping-Rolltisch aus dem Auto geholt und wir dinieren ganz genüsslich im langsam ver- blassenden Abendrot.
Später sitzen wir noch eine Weile um das leider nur müde glimmende Feuer. Das alte Holz ist trotz allem Wedeln und Blasen nicht so richtig zum Brennen zu überreden.
Es wird kühl und unsere Frankfurter verziehen sich in ihr „Penthouse“.

Abendessen

letzter Abend am Lagerfeuer

Archie und ich, wir trinken noch die letzten Bier- chen aus, dann schlüpfen auch wir in unsere Schlafsäcke.
Es war unser letzter Lagerfeuerabend auf dieser Reise. Morgen werden wir wieder in Ulan-Bator sein.
Eigentlich schade, wir könnten noch eine ganze Weile als Motorrad-Nomaden durch dieses Land streifen!

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