home
Boulojoul-Erg Chebi
MAROKKO 1
Fes
Fes-Souk
Boulojoul
Erg-Chebi
Tinerhir
 
 

Freitag 28.05.2004

08:00 – 09:30 Aufstehen
Nachdem das Zimmer und die Betten nicht so wirklich hygienisch waren, wenn man es höflich ausdrückt, hatten wir die Nacht in unseren Schlafsäcken verbracht. Da kommt man wenigstens nicht direkt mit den offensichtlich schon x-mal gebrauchten Laken etc in Kontakt.
Wir klappen unsere Packtaschen zu, rollen die Schlafsäcke zusammen und schleppen alles nach unten.
Zum Frühstück gibt es Tee und Kekse. Recht viel mehr ist nicht zu haben.

Frühstück

Wir ziehen die verschlammten Bikes aus dem Laden und sehen voll Freude, dass es an der hauseigenen Tankstelle auch einen professionellen Waschplatz gibt. Die Gelegenheit ist günstig und die Kühe kommen unter die Dusche. Der Sohn des Besitzers widmet sich mit Begeisterung dieser Aufgabe. Endlich mal was anderes als LKWs!
Als ich nach der Rechnung verlange, erlebe ich auch eine kleine Überraschung. 231 DHS möchte unser "Großhotelier" haben! Ich sehe ihm tief in die Augen und biete mal 150 an.

Bike-Wash

Auf Nachfrage dröselt er seine Forderung  dann so auf: 100 Hotel, 85 Abendessen, 10 Frühstück, 30 Waschen und 6 fürs Parken im Laden.
Nachdem alle Positionen halbwegs plausibel und nicht allzu überzogen sind, streiche ich nur den Punkt mit dem Parken und wir einigen uns bei 220. Das Handeln war also nicht übermäßig erfolgreich, aber irgendwo geht’s auch ums Prinzip, sich nicht alles gefallen zu lassen. Sonst werden die Jungs einfach zu dreist.

versteinerte Ammoniten

Start km 22686
09:30 – 10:15  Boulojou – Midelt

Mit frisch gewienerten und ungewohnt glänzenden Motorrädern machen wir uns auf den Weg. Die große Verbindungsstrasse in den Süden ist topp ausgebaut und wir rauschen nur so dahin. Auf einer Kuppe mache ich allerdings eine Vollbremsung. Fotoalarm! Und was wir gestern nur als Schemen im Abenddunst erahnen konnten, ist jetzt in der kühlen Morgenluft glasklar zu sehen. Wie auf einer Panoramakarte breitet sich der Hohe Atlas quer vor uns aus. Die Schneegipfel scheinen wie eine Wolke über dem Gebirge zu schweben.   Stehen und Staunen!

In Midelt ist mal wieder ein Besuch an der Zapfsäule nötig. Während wir nachfüllen, werden wir von zwei Mineralien-Verkäufern bedrängt, die unbedingt ihre Versteinerungen an den Touristen bringen müssen. 100 DHS will der eine für die zugegebenermaßen schöne, aufgeschnittene und polierte Schnecke haben. 10 DHS sind mein Gebot. Während der Sprit in den Tank läuft wird zäh verhandelt. Für 15 DHS bekomme ich schließlich mein Reiseandenken. Das Feilschen macht einfach Spaß. Vor allem, wenn man nicht wirklich auf den Gegenstand des Preiskampfes angewiesen ist und somit die eindeutig bessere Position beim Pokern hat.


Hoher Atlas

10:15 – 13:45 Midelt – Errachidia
Nach Midelt macht die Strasse einen kleinen Schlenker und windet sich im Osten des Hochgebirges an den 3- und 4-Tausendern vorbei.
Die Gegend wird immer trockener und erinnert an die ariden Steppen Arizonas und Nevadas. Auch der Baustil der Häuser wandelt sich. Die roten Giebeldächer sind nicht mehr zu sehen. Hier in der Halbwüste, gibt es ausschließlich die typischen würfelförmigen Lehmhäuser mit begehbarem Flachdach.
Auf halber Höhe am Tizi n-Talrhemt (1893m) kurze Pause.

Tizi n-Talrhemt

bei Ait-Labbes

Nach dem Pass wird es staubtrocken. Kaum ein Strauch wächst auf den Berghängen. Nur unten, entlang des Flusses auf der breiten Talsohle des Canyons stehen Palmen dicht an dicht. Der Kontrast könnte nicht größer sein.
Auf dem Aussichtspunkt oberhalb Ait-Labbes treffen wir eine Gruppe amerikanischer College-Studenten und  einen Einheimischen, der uns natürlich sein Hotel am Erg Chebi, unserem heutigen Ziel, empfiehlt.


Weiter geht es das Flusstal hinunter, durch den von bewaffneten Soldaten bewachten "Tunnel du Legionaire" in die "Gorges du Ziz".
Hier windet sich die Strasse entlang der Flussschleifen durchs Tal. Bis auf die Palmenhaine fühle ich mich in die "Goose-Neck"-Landschaften des südlichen Utah (USA) versetzt. Grandios!
Am Ende der Berge, im Übergang zur Wüste, glänzt dann noch eine Mini-Ausgabe des Lake Powell Stausees in der Sonne

Goose neck

13:45 – 14:45 Er-Rachidia
Hilfe Hunger! Mein Magen verdaut sich schon selbst. Das Frühstück war ja nicht so reichlich ausgefallen und wir sind inzwischen seit rund drei Stunden unterwegs. Wir stoppen an einem kleinen Restaurant an der ersten größeren Kreuzung. In den Schatten setzen und die Jacke ausziehen. Wir nähern uns dem Rand der Sahara und es ist entsprechend warm. Mit 35 °C zu kalt für die Jahreszeit behaupt der Kellner. Uns reicht es locker.

Moschee

Wir wären ja ganz gemütlich gesessen, wenn uns nicht andauernd ein anderer "Gast" angequatscht hätte, um uns unbedingt eine Wüsten-4-Wheel-Tour bei seinem Schwager in Erfoud zu verkaufen. Nach einer Stunde verabschieden wir uns mit einem entschiedenen "Vielleicht".
Er Rachidia ist hauptsächlich Garnisonsstadt. Es wimmelt nur so vor Soldaten. Eine Kaserne reiht sich an die andere. Die halbe marokkanische Armee scheint hier stationiert zu sein. Wir suchen eine Bank um für die "Wüste" finanziell gewappnet zu sein, aber trotz zweier Stadtrunden lässt sich keine offene finden. Zum Tanken reicht der Geldvorrat aber noch.

Richtung Er Rachidia

14:45 – 17:00 Errachidia – Rissani
Die 70 km lange Strecke nach Erfoud geht entlang des Flusses, den wir schon seit den Bergen auf seiner Reise in die Wüste begleiten. Auch hier das Canyon-artige Tal mit den dichten Palmen-Hainen zu beiden Seiten des Wassers und den quaderförmigen Lehmziegel-Häusern am Rande des Talkessels.

In Erfoud springt der “Four-Wheel-Schwager” Achmed im grünen Burnus, wie "angedroht", auf die Straße um uns stoppen.
Er hatte tatsächlich auf die ausländischen Motorräder gewartet und auf ein lukratives Geschäft gehofft. War wohl nichts. Wir lassen ihn weiter springen ohne zu  anzuhalten.


vor Er Rachidia

In der Stadtmitte finden wir endlich den ersehnten Geldautomat. Eine alte Frau steht strategisch günstig daneben und bettelt mich an. Mit dem Mehrfachen ihres Monatseinkommens in der Hand bringe ich es nicht übers Herz sie ohne Bakschisch stehen zu lassen. Sie murmelt etwas, das ich einfach mal als ein "Vergelt´s Gott" interpretiere. Ich nix arabisch sprechen.

Auf dem Weg nach Rissani fahren wir quer durch einen Dust-Devil, der sich langsam mitten auf der Strasse dreht. Ein echter Baby-Tornado! Mit 10 m großem windstillen Auge im Zentrum. Sieht seltsam aus, wenn man auf allen Seiten von einem rotierenden Sandvorhang umgeben ist. Luft anhalten und durch, sonst knirscht es die nächste Zeit zwischen den Zähnen.


In Rissani herrscht Hochbetrieb. Wie die Schmeißfliegen stürzen sich die Mopedfahrer auf uns. Alle wollen uns was verkaufen. "Hotel, Hotel" und vor allem 4-Wheel-Tripps in die Wüste.
Auf dem Wegweiser zum Erg Chebbi sind die lateinischen Buchstaben übermalt. Nur  noch das "ER" ist zu sehen. Wäre ja noch schöner, wenn die Touristen da selber hinfinden würden! Und das ohne Allrad! Der C erkennt der Trick auch nicht gleich und biegt prompt falsch ab.

Mit uns etwa drei Schmeißfliegen-Mopeds, die uns endlich den Beweis liefern wollen, dass es ja offensichtlich ohne Führer nicht möglich ist. Zu früh gefreut! Ich informiere Archie per Funk und wir entkommen den deutlich schwächer motorisierten Zweirädern.
Die Strasse nach Merzuga ist fast wie eine Autobahn ausgebaut. Grad, dass sie nicht vierspurig ist.
Allrad! - Da kann ich nur lachen!


Erg Chebi

17:00 – 18:30 Rissani - Erg Chebi
Aber jetzt beginnt eindeutig die Wüste. Die  letzten Dattel-Palmen bleiben zurück, kein  Grashalm wächst mehr. Der flache Boden ist von kieselgroßen, schwarzen Steinen bedeckt und am Horizont türmen sich orange-rot die Sanddünen des Erg Chebi. Als reizüberfluteter Großstadt-Berber wirkt diese Leere schon fast wieder anstrengend. Fantastisch!

Wir halten an und probieren, wie es sich neben der Strasse auf dem schwarzen Zeug fahren lässt. Wunderbar! Der Untergrund ist fest und einem kleinen Abstecher ins No-Where steht nichts im Wege. Kleine Pause. Wir beratschlagen kurz und fahren weiter Richtung Merzuga. Allerdings auf der Strasse. Als wir aber einen kleinen See zwischen den Hügeln blinken sehen, gibt es kein Halten mehr.


Oued Ziz bei Merzouga

Luftlinie geradeaus steuern wir ihn an. Der See ist, auch wenn man das durchaus vermuten könnte, keine Fata Morgana, sondern sogar auf unseren Karten als “Oued Ziz” eingezeichnet. Hier versickert der Fluss, dem wir die letzten 200 km aus den Bergen in die Wüste gefolgt sind. Und ganz so einsam ist es hier auch nicht. Die Wüste ist überhaupt in einem scheußlichen Zustand, überall hat es Fahrzeugspuren. Besonders die tiefen Rillen der LKW sind beim Überqueren mit dem Motorrad lästig.
Auf einem Hügel halten wir an und genießen den Ausblick.


Erg Chebi bei Merzouga

Rings um uns herum die Schwarze Wüste, vor uns der flache See mit frischem Grün am Ufer, links die roten Dünen und rechts im Hintergrund ein paar einsame Palmen vor dunklen Bergen. Hat was!
Quer durch die Wüste nach Merzouga. Leicht zu finden, da der Turm der Moschee über die Hügel lugt. Ich spreche hier extra von einem "Turm", da Minarette für mich rund, schlank und oben nadelspitz sind. Die Moscheen in Marokko aber haben ausschließlich schwere Türme mit quadratischem Grundriss an ihrer Seite.


Wir düsen mit 80 Sachen über die Piste und ziehen eine wunderschöne Staubfahne hinter uns her. Also Fototermin! Die Bilder, die ich gemacht habe sind allerdings nichts geworden. Vor lauter Begeisterung hatte ich den Deckel nicht vom Objektiv genommen. (ich Anfänger!) Wird Zeit, dass ich auch bei den Digitalen wieder zur Spiegelreflex zurückkehre. Da kann das nicht passieren. Aber wenigsten hat der C mich gut drauf bekommen.

bei Merzouga

In Merzouga drehen wir eine Stadtrunde und werden sofort wieder von einer wild winkenden Schmeißfliege auf einem Moped verfolgt. Wir geben ihr keine Chance. Das Kaff sagt uns nicht zu. Zwei bis drei seltsame Touristen-Cafes und nichts was nach einem halbwegs brauchbaren Hotel aussieht.
Etwas außerhalb studieren wir in Ruhe den Reiseführer, was denn so an Übernachtungs- möglichkeiten in der Nähe geboten werde.

bei Merzouga

Während wir noch blättern steht schon wieder einer neben uns. Als er sieht welches Buch wir in der Hand haben, spricht er uns in gebrochenem Deutsch an und meint, dass er gemeinsam mit der Autorin, Därr, die ganzen Hotelinformationen dieser Gegend zusammen getragen hat.
Er lädt uns ein seinen Laden zu besuchen. Er formuliert es als Einladung und meint das auch so. Er kennt anscheinend die Mentalität der Europäer und weiß, im Gegensatz zu den allermeisten anderen, dass Aufdringlichkeit nur abschreckend wirkt.

Wir beschließen zum Hotel "Erg Chebbi" zu fahren.
Als wir die "Autobahn" aber zweimal auf und ab gefahren sind ohne das bereits gesehene Schild mit der Abzweigung wieder zu finden, tippt der C die Koordinaten aus dem Reiseführer in sein GPS. Und siehe da, wir haben die Richtung und der Weg findet sich auch.
Der Weg ist eine üble, sandige Waschbrett-Piste, so dass wir lieber neben dran in der Wüste fahren. Nach vier Kilometern sehen wir das ehemalige Fort direkt am Fuße der Dünen vor uns liegen.


18:30 – 22:30 Hotel Erg Chebbi
Aus der Nähe zeigt sich das Fort als doppeltes Rechteck. Jedes von einer ca. 5 m hohen Mauer aus Lehmziegel umgeben, mit zinnenbestückten Wachtürmen an den Ecken. Sieht richtig wehrhaft aus. Doch wo ist der Eingang? Erst als wir durch den Sand ganz drum herum gefahren sind, finden wir auf der Ostseite den Zugang. Hier sieht das Ganze auch eher nach Hotel als nach Wüstenburg aus. Es gibt eine gepflasterte Terrasse von der man die nur 50 m entfernten Sanddünen des Erg Chebbi in aller Ruhe bestaunen kann.

Wüsten-Fort Erg Chebi Hotel

Wir entern die Rezeption, lassen uns die Räumlichkeiten zeigen und feilschen um den Zimmerpreis. Wir bekommen ein großes zum Preis eines kleinen. Macht inkl. Abendessen 150 DHS pro Nase. Da wir die einzigen Gäste sind, hatten wir die besseren Argumente.
Wir parken die Maschinen im Innenhof direkt vor dem Zimmer. Praktisch so ein Wüsten-Motel! Alles paletti!

Hotel Erg Chebi

Nur der C zieht einen leichten Flunsch. Es gibt keinen Gerstensaft! Wo er sein Feierabend-Bierchen doch so liebt! Den Vorteil hat man als Raucher, eine Stange Zigaretten ist eindeutig leichter zu transportieren als ein Kasten Bier. Zumal mir die Glimmstängel auch schmecken, wenn sie nicht gekühlt sind. Aber zum Glück ist die Wodka-Flasche noch nicht leer!

"Sandkasten" Erg Chebi

Erg Chebi Hotel - Sunset

Nach dem Duschen verlagern wir uns auf die Restaurant-Terrasse und genießen, wie die Dünen zum Sonnenuntergang  chamäleonartig die Farbe von gelb-rot über alle Zwischentöne hinweg nach schwarz wechseln.
Ich steige dem Fort aufs (Flach-) Dach und versuche den Kitsch mit dem Fotoapparat fest zu halten.
Die andächtige Abendstille wird allerdings jäh unterbrochen als der Generator angeworfen wird und das bis dahin im Dunklen dämmernde Fort plötzlich in elektrischem Lichte erstrahlt.


Jetzt gibt es endlich auch was zu essen. Ein Gericht aus Rindfleisch, Zwiebeln etwas Knoblauch und vielen Oliven. Dazu frisches Brot. Köstlich!! Könnte mich glatt reinsetzen! Zum Glück hat der C keinen großen Hunger, ihm fehlt wohl sein verdauungsanregender Gersten-Apperitiv, und ich ergattere so eine extra große Portion. Mir schmeckt's richtig gut. Grad, dass ich nicht die Schüssel auslecke.....
Nachdem der jugendliche Koch sein Sonderlob erfreut in Empfang genommen hat, bleibt er noch auf einen Ratsch bei uns im Restaurant.

Erg Chebi Hotel

Anschließend Routenplanung mit Hilfe der großen Karte an der Wand.
Als der Generator ausgeschaltet wird, ziehen wir uns zum Vodka bei Kerzenlicht auf die kleine Terrasse vor unserem Zimmer zurück.
Als Gute Tat des Tages befreien wir noch eine Taube, die sich hinter einem Brett in einer Nische verfangen hat. Dusseliges Vieh!
Nach dem all-abendlichen SMS-Schreiben ab in die Federn... (Nein, keine Taubenfedern)

Absacker im Erg Chebi Hotel
W-previous-button W-home-button W-next-button